Zeich(n)en auf Vilm
ARTus-Kolumne »SO GESEHEN« Nr. 518
»Geschickte Zeichner gibt`s viele / wahre Artisten des Zeichenstifts / gibt es Unmengen / Zeichner sind wenige«
Diese bemerkenswerte Einlassung brachte der großartige Zeichner und Wortfabulierer Horst Janssen (1929 – 1995) zu Papier und immer mal wieder, wenn ich auf Zeichnungen stoße, fällt sie mir ein.
Ob der fünfundzwanzig Jahre jüngere Egon Arnold, der nach längerem Berlin-Aufenthalt 1996 Rügen zu seiner Wahlheimat erkoren hat, zu den »wenigen« Zeichnern gehört, wage ich nicht zu beurteilen. Ich kenne nicht annähernd die Fülle seiner bislang entstandenen Arbeiten, sehe auf Ausstellungen da und dort immer nur Einzelblätter, Skizzenbücher und kleine Werkgruppen. Die aber, und das will ich gern unterstreichen, sprechen eine ganz wunderbar empfindsame Sprache, die auf einen souveränen Umgang mit zeichnerischen Möglichkeiten schließen lassen, die spielerisch-phantasievolle Experimente und Ausflüge in malerische Welten durchaus einbeziehen ohne unangenehm schrill zu wirken.
Anlässlich der an diesem Wochenende stattfindenden Jahrestagung des Vilm-Vereins auf der kleinen Schwesterinsel von Rügen, die sich dem Thema »Magie und Symbolkraft der Bäume« widmet, stellt Egon Arnold im Tagungsgebäude der Internationalen Naturschutzakademie Insel Vilm eine dem Thema gemäße Kollektion von knapp zwanzig Zeichnungen und Mischtechniken aus. Ergänzt werden sie durch Fotografien von Bäumen, die Belege liefern für gewisse frevelhafte Launen von Mitbürgern, die meinen sich unbedingt in Baumrinden verewigen zu müssen, per Initial oder mit mehr oder weniger kryptischen Botschaften. Das sich schon der junge Dichter Ludwig Gotthard Kosegarten (1758 – 1818) in einem Anfall von Liebeswahn zu dieser Untat per Schnitzmesser hat hinreißen lassen, wir wissen es aus seinen Aufzeichnungen. Ein Baum auf Jasmund musste für die Zeichen-Botschaft an die Angebetete herhalten. Egon Arnold fand auf Vilm andere Belege. »MOF TORGAU« verweise auf das Motorfrachtschiff Torgau und »PAIX« findet sich an anderer Stelle, aber bezeichnender Weise und verständlich für jeden, gerade hier auf dem 94 Hektar großen und ungestörten Naturparadies Vilm.
Frieden für die Natur und… Phantasie für die Kunst.
Mit Phantasie hat der Zeichner Egon Arnold seine Fund-Zeichen weiter bearbeitet und zu eigenständigen Kunstwerken küren können. Ich wünschte ihm in naher Zukunft umfänglichere Präsentationen, vielleicht in der Orangerie Putbus oder im Stralsunder Museum. Auf Vilm können seine Arbeiten »nur« Neugier wecken.
Das aber ist so gesehen ein wunderbarer Auftakt für die der Natur und der Kunst innewohnenden Symbolkraft. ARTus