Der Dichter als Performance-Künstler
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald · Martin-Luther-Straße 14
Mittwoch, 1. Dezember 2010 · 19:30 Uhr
Öffentlicher Abendvortrag im Rahmen des polenmARkT 2010
Professor Dr. Jacek Kopciński
Das Thema des Vortrags ist die Performance-Dimension von Miron Białoszewski. Der Dichter ist ein Vertreter der literarisch-artistischen Gruppierung. Białoszewski war von der Idee begeistert, dass die Dichtung zu ihren mündlichen und melischen Anfängen zurück kehren soll, was aber nicht bedeutet, dass er kein Verfechter der alten lyrischen Formen war. Białoszewski sah sich selbst als Erfinder eines neuen Ausdrucks. Er wollte das semantische Vermögen der einzelnen Wörter, das in der Sprache und Vorstellungskraft steckt, frei machen. Seine Gedichte betrachtete er als musikalische Partitur, so dass er sie „laut“ schrieb und eine entsprechende Ausführung anstrebte. Deshalb gründete er in den 50er Jahren ein Haustheater, um so mit der Sprache und Gestik seine Lyrik zum Leben zu „erwecken“. Er führte zudem auch Dramen auf, die genauso wie seine Gedichte den Charakter eines sprachlichen Ereignisses haben. Als das Theater seine Pforten geschlossen hatte, griff der Dichter nach einem Kassettenrecorder und nahm jahrelang seine Werke auf. Diese Tonband-Sessions des Dichters waren eine Art Performance, in der die Ausführung ebenbürtig mit der Lyrik selbst war. Kopciński wird den Versuch unternehmen zu zeigen, dass Białoszewski aus einem bestimmten Grund seine Werke aufnahm – er wollte den Akt der Ur-Schöpfung wiederholen und in sich selbst durch die eigene Stimme einen Künstler wecken.
Jacek Kopciński (*1965) ist Literaturwissenschaftler, Literatur- und Theaterkritiker sowie Autor. Er arbeitet am Institut für Literarische Forschung der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Darüber hinaus ist er Professor an der Kardynał-Stefan-Wyszyński-Universität Warschau sowie Chefredakteur der wichtigsten Theaterzeitschrift Polens „Teatr”.
Moderation: Professor Dr. Alexander Wöll
Der Eintritt ist frei.