Arbeiten von Gerda Lepke
ARTus-Kolumne »SO GESEHEN« Nr. 666 • 3. Januar 2015
von Walter G. Goes (ARTus) • Bergen auf Rügen
Noch am letzten Tag des Jahres 2014 fanden vom in Berlin lebenden und mit Rügen eng verbundenen Autor Richard Pietraß (*1946) »gebündelte« Gedichte im Buch Lustwandel der edition petit des in Dresden beheimateten Verlages SchumacherGebler zu mir. Bestens gedruckt wie gebunden in der Druckerei zu Altenburg (DZA); auch das fällt auf in Zeiten einer inflationären Buchmarktschwemme. Ein Leseschmaus, nicht nur gedacht über Stunden der Sammlung zum Jahreswechsel hin, nein, er ist auch noch gepaart mit einem erstaunlichen Aufmacher als Blickfang, einem fulminanten Aquarell-Tusche-Vortrag auf dem Umschlag.
Die Handschrift kam mir vertraut vor und sollte sich umgehend bestätigen. Der Verlag hatte diese und weitere Arbeiten im Inneren des 2014 herausgegebenen Bandes von der in Gera und Dresden wirkenden Malerin, Grafikerin und Zeichnerin Gerda Lepke ausgewählt.
Ich kannte die Künstlerin. Zusammen mit dem Maler Max Uhlig (*1937) hatte sie um 1983/84 Glowe besucht und die Westküste Jasmunds, die Ausblicke auf die Tromper Wiek nach Arkona hin, auf ihre originäre, sehr eigentümlich aktive künstlerische Art untersucht.
Es entstanden damals Arbeiten auf Papier, die mich vage an große Vorbilder erinnerten, an Arbeiten von Pollock (1912-1956) und Wols (1913-1951), um nur zwei Namen der klassischen Moderne zu nennen. Ein Rekurs, der bei Gerda Lepke gar nicht notwendig wäre, aber hilfreich bei Nennung der formalen Ausrichtung schon.
Sie, undogmatisch präpariert durch ihr Studium in Dresden (1966-1971) hat über Jahrzehnte einen sehr eigenständigen Stil entwickeln können, der sich nicht an festen Konturen erschöpft und scheinbar nie an Begrenzungen. Er manifestiert sich in einer Art eruptiven Tanz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel und bildet eine immer offene Ausformung des Gesehenen aus der Natur heraus in eine neue Natürlichkeit, die eben jenen Betrachter beglückt, der auf der Suche nach gelebter Emotionalität bleibt.
Die Arbeiten illustrieren den Pietraß-Band nicht. Sie sind ein schwesterliches Beiwerk, das bildlich da weiterzirkuliert, wo das Pietraß-Wort vom Traumsaum beseelt verstummt.
Ein wunderbares Geschenk eines Dichters und so gesehen auch einer Künstlerin zu Beginn des neuen Jahres! ARTus