„Das Pommersche Landesmuseum Greifswald besitzt eine herausragende Gemäldesammlung“
Diese Sammlung ist tatsächlich ein Geheimtipp.
Alle sind sie vertreten, von Carus bis Runge, von Hackert und Koch bis Thiele, und die schönsten Bilder sind oft von heute völlig unbekannten Künstlern. Hinzu kommen Bürgergesichter von Tischbein und Runge, Kinderbilder des Greifswalders Wilhelm Titel, mondäne Gesellschaftsporträts von Ferdinand von Rayski. Und natürlich die Bilder des Hausheiligen Caspar David Friedrich, die pittoreske Marktszene, die vor kurzem erst angekaufte „Frau auf der Treppe“ mit ihrem Pendant, der „Frau mit dem Leuchter“, das vor dramatischem Wolkenleuchten aufragende Neubrandenburg, die ins Riesengebirge versetzte Klosterruine Eldena, eines von Friedrichs letzten Bildern. Sicher, Museen wie die Hamburger Kunsthalle oder die Berliner Nationalgalerie mögen berühmtere Werke besitzen. So intim, so nah wie hier in Greifswald kommt Caspar David Friedrich selten.
Doch der Clou ist: So selbstverständlich sich diese romantischen Landschaften in Greifswald präsentieren – sie gehören nicht alle hierher. Beim ersten Bild nimmt man den Hinweis „Städtisches Museum Stettin, Treuhandbesitz Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ noch hin. Doch der Zusatz taucht auf fast jeder Tafel auf. Dahinter steckt ein Kunst- und Geschichtskrimi besonderer Art. Denn was in Greifswald jetzt so schön und stimmig präsentiert wird, ist die Sammlung des Kunstmuseums Stettin, das 1913 an prominenter Stelle auf der Hakenterrasse über der Oder eröffnet wurde. Eine späte Museumsgründung, die ihre Herkunft aus Bürgerkollektionen nicht leugnet – daher die biedermeierlichen Porträts, die Stadtansichten, die Niederländer und Italienbilder. Der Geschmack des 19. Jahrhunderts – selten ist er so in Reinform zu erleben. / Christina Tilmann, Tagesspiegel