Doktortitel für „Operative Psychologie“

Bei der Verfolgung überließen die Stasi-Mitarbeiter nichts dem Zufall. Unter der Bezeichnung „Operative Psychologie“ waren die Methoden Lehrfach an der Juristischen Hochschule des MfS in Potsdam/Eiche, wo man auch einen Doktorgrad für die Methoden erwerben konnte. Den Kern der Ausbildung fasste die Richtlinie 1/76, die mit bürokratischer Sorgfalt die möglichen Maßnahmen aufzählt, darunter „systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben; systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher Misserfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen; Erzeugung von Zweifeln an der persönlichen Perspektive; Erzeugen von Misstrauen und gegenseitigen Verdächtigungen innerhalb von Gruppen“ und so weiter. Zielgruppe für die Maßnahmen waren vor allem Antragsteller von Ausreisegenehmigungen. Diese Methoden hätten seit 1976 eine zunehmende Rolle in der DDR gespielt, sagt Spitzer und beschreibt die Perfidie am Beispiel eines Pastors. Man habe den Mann beim (in der DDR weitverbreiteten) Nacktbaden fotografiert und in das Bild eine Dame mit ortsbekannt leichtem Lebenswandel kopiert. Das manipulierte Foto wurde an die Kirchentür gepinnt. Der Mann war erledigt. / Die Welt 2.8.

Carsten Spitzer ist Oberarzt (verheiratet, zwei Kinder) und stammt aus Solingen. Er studierte in Aachen und Lübeck, arbeitete zwölf Jahre lang in Greifswald und kam 2008 nach Hamburg. Vor seinem Wechsel in die Hansestadt hat er sich während seiner Tätigkeit am Universitätsklinikum in Greifswald im Rahmen seiner Forschungstätigkeit mit dem Thema Stasi-Opfer befasst.

(Die Doktoren sind unter uns!)