Eine Beuys-Signatur

ARTus-Kolumne »SO GESEHEN« Nr. 502

Joseph Beuys: »Der Größte«, titelte im Jahr 1980 der »Spiegel«.

Nur ein Jahr später sah ich die damals schon legendäre Erscheinung höchst persönlich, den Mann mit dem Filzhut, seinem äußerlichen Erkennungszeichen. Ich sah ihn nicht in Düsseldorf, wo er 1973 mit der Gründung der Freien Internationalen Hochschule für Kreativität Furore machte oder in Hamburg, wo er 1977 mit einer Gastprofessur an der HfbK zahlreiche Schüler bannte. Düsseldorf und Hamburg waren Städte auf einem scheinbar anderen Stern.

Ich sah ihn in Ostberlin, in der DDR! Im Gartenhaus der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, die zur ersten Beuys-Ausstellung der DDR zahlreiche Einladungen an bekannte, aber auch an junge, noch unbekannte Künstler verschickt hatte. Klaus Bölling, der nach Günter Gaus zweite Leiter der Vertretung und seine Frau Alexandra gaben sich die Ehre und luden zur Eröffnung von Multiples, Druckgrafik und Handzeichnungen aus einer Beuys-Privatsammlung ein.

Der Künstler war an diesem 21. Oktober 1981, das war jedem klar, der Star. Massen von Menschen – man spricht von 300 Besuchern! – bevölkerten die Räumlichkeiten. Ich sah Klaus Staeck, der gerade sein PLAKATE-Buch »Die Gedanken sind frei« im Ostberliner Eulenspiegel Verlag mit Geschick und Glück veröffentlicht hatte und ich traf auf den Leipziger Maler Frieder Heinze, den ich bald auf Rügen wiedersehen sollte. Thomas Ranft, den ich schon von meinen Leipziger Studententagen her kannte, diskutierte eifrig mit Beuys über den erweiterten Kunstbegriff. Die schöne Exilantin Nuria Quevedo war da und der integre Kunstwissenschaftler Diether Schmidt aus Dresden. Auch der Rektor Womacka »meiner« Kunsthochschule Weissensee war anwesend. Er schien -wie immer- irgendwie peinlich berührt, stapfte mit hochrotem Schädel durch das Menschenmeer, mehr als fremd und eigentlich ganz fehl am Platz. Beuys, der Mann mit dem Filzhut, saß plötzlich auf einer Filzmatte und signierte in seiner eigentümlichen Handschrift den kostenlos ausliegenden Katalog.

Als ich dieser Tage das kryptische Beuys-Blatt »Aktion« der KulturStiftung Rügen in ihrer Ausstellung »Werke« in der Orangerie Putbus hängen durfte, erinnerte ich mich der Worte Professor Carl Vogels, der die Grafik der Stiftung einst zukommen ließ: »So sind ihm (Beuys) denn seine Grafiken… allein mittels seiner Signatur Vehikel seiner Ideen, und sie sind Partikel seiner Wirkungsmöglichkeit. Seine Signaturen sind… so schön, dass sie sicherlich überhaupt gar niemand nachmachen könnte, eine Grafik in sich.« So gesehen möge man sich nach Putbus aufmachen und sei es des einen ausgestellten Beuys-Blattes wegen. Man muss man es nicht gleich verstehen, aber wenigstens die selten »schöne« Beuys-Signatur sehen! ARTus

Der am 12. Mai 1921 in Krefeld geborene Aktionskünstler Joseph Beuys starb am 23. Januar 1986 in Düsseldorf. Zeichnung: ARTus