Eva Berg-Tribulowski
ARTus-Kolumne »So gesehen« Nr.546
Vor mir liegen im handlichen Oktav-Format und der selten gewordenen Fadenbindung einige der so genannten »Stralsunder Hefte«, die ein 1993 gegründeter Kleinverlag Stralsunds mit dem herrlich kuriosen Label »mueckenschweinverlag« produziert hat.
Die wohlfeilen Hefte in einer jeweils 300er Auflage, versehen mit Abbildungen nach Zeichnungen von Markus Endler, gibt in Abständen, so gesehen als Beleg für Ergebnisse vorausgegangener Literaturworkshops, die Volkshochschule Stralsund heraus. Da kann man mehr oder weniger autodidaktische Lyrik-Stimmen »mit allen Sinnen« zum Beispiel über das Thema »Meer« vernehmen, in denen es gar wundersam »braust« und »krächzt«, kaum hörbar »gurgelt« und »gluckst«.
Da werden aber auch Kurzgeschichten mit »Ernst, Lebenserfahrung und Hintersinn, bisweilen gewürzt mit einer kräftigen Prise Humor« vorgestellt, die, auf zwei Hefte des Jahres 2009 verteilt, sich mit menschlichen Krisen und Grenzsituationen auseinandersetzen.
Ein bislang letztes Heft der Reihe liegt mit dem Heft 7 vom September 2011 vor. Es enthält Prosa und Lyrik zwischen »Frau & Mann«, was man nicht ganz so wörtlich nehmen sollte, denn man ahnt, was gemein(t) ist.
Trotzdem gilt es aufmerksam zu sein und nach originären Stimmen Ausschau zu halten. Schon im Heft 2, das sich etwas irreführend ausweist mit »Lyrik vom Meer« und doch wohl eher Schreibende meint, die Gedichte über das Meer verfasst haben, treffe ich auf ein Gedicht von Eva Berg-Tribulowski aus Trent, das lange nachklingt, das mich anspricht, dessen »Bilder« eigenes Erleben erwecken. All zu häufig passiert das nicht.
Im Kurzprosa-Heft 3 überrascht mich die Autorin in ihrer Erzählung »Wohin es mich zieht« mit zwölf Sätzen, deren trocken-lakonischer Erzählton wohltuend einnimmt und überzeugt. Ihre Worte verlieren sich eben »nicht im Nichts«. Es gibt immer wieder überraschende, so nicht erwartete »Abzweige«, die Texte der weit über 80-Jährigen als Literatur auszeichnen.
Und wirklich eine Auszeichnung erhalten hat dann auch im Jahr 2010 Eva Berg-Tribulowski vom Naturschutzbund Rügen. Deren Projekt »Faszination Natur« richtete sich an die ältere Generation (60 +), an aktive Un-Ruheständler, die couragiert und sensibel der Vielfalt des Lebens und der Einzigartigkeit jedes einzelnen Lebewesens in Worten und Bildern nachspüren. Im Genre Literatur erzielte die Trenter Autorin für ihr einer kleinen Hausspinne gewidmetes Gedicht »Alles hat einen Sinn« einen souverän zweiten Platz.
Im Oktober hat die Seniorenakademie der Stralsunder Volkshochschule, unter der Regie der Sellinerin Gabriela Heidenreich, die Broschur »Altern in verschiedenen Kulturen« herausgegeben. Ich habe darin meine Anwärterin auf Platz Eins gefunden, deren Namen ich nun nicht mehr nennen muss und auf deren nächste Geschichte ich heute schon mit Spannung warte. ARTus