Fümms bö wö tää zää Uu
ARTus-Kolumne »SO GESEHEN« 576
Von Walter G. Goes (Bergen/Rügen)
Nein. Keine Sorge. Der Blitz hat nicht im Oberstübchen von ARTus eingeschlagen und unartikulierbaren Buchstabensalat erzeugt. Auch wenn es in diesen Tagen mächtig Krach-Bumm gemacht hat, vermeintlich stabile Objekte so durcheinandergewirbelt wurden, dass man nicht wusste, was hinten und vorne ist. Ich spreche nicht nur von Naturgewalten!
»Fümms bö wö tää zää Uu« stammt aus der Feder des frivolen Hannoveraner DADA-Künstlers Kurt Schwitters. Es ist die erste Zeile seiner legendären Ursonate, die 1932 als letzte MERZpublikation in der Aufmachung des Typographen Jan Tschichold (1902-1974) erschien. Zuvor hatte Schwitters über neun lange Jahre an der Ursonate gebastelt und sie immer mal wieder mit Varianten lautmalerisch (Kurt Schwitters nannte es »rhythmisch abgewogen«) zu Gehör gebracht, in Szene gesetzt, um den Wertekanon des saturierten Bürgertums zu verunsichern.
Zwischendurch fuhr er zur Entspannung mit Familie und Freunden (viel zu wenige wissen es!) nach Rügen. Hannah Höch, die Eckermannfrau der DADAisten, spricht von einer Reise im September 1921. Mit Schwitters, dessen Frau Helma und Freund Raoul Hausmann nahm man Quartier im Selliner Haus Garand. Höch: »Unser Reiseproviant bestand fast ausschließlich aus Brot und Margarine aus Schwitters Rucksack. Wir waren arm wie die Kirchenmäuse.« Und noch einmal »im August 1923, von Schwitters gerufen… war ich mit diesem… Hans Arp… und seiner Frau Sophie Taeuber in Sellin auf Rügen. Ich war nur halb so lange da wie die übrigen, aber es war eine wunderbare Zeit.«
Eine Zeit, in der die DADA-Akteure den Ernst ihrer Zeit gehörig – nie hörig – auf die Schippe nahmen. Sie wollten spielerisch den Verfall der Welt, den Fall der Werte mit ihrer Kunst spiegeln. Kurt Schwitters zerlegte die abstrusen Normalitäten der Gesellschaft in einzelne Bestandteile, ver-rückte, montierte und collagierte sie und entlarvte damit so gesehen kongenial ihr politisches Blendwerk.
Schwitters, vor 125 Jahren geboren, ist mit seiner Kunst anregend und aktuell geblieben. Man schaue sich nur um in Galerien auf Rügen: in Bergen, in Putbus und in Sellin: Schwitters ist… »in«. ARTus