„Großartige Erfindung“

Die Linie geht sehr gut auf. Schriftsteller schlagen Schriftsteller als ihre Nachfolger vor. Wolfgang Koeppens Projekt der Moderne bleibt lebendig. Mit all ihrer Zeitgenossenschaft, all ihrer sozialen Sensibilität und abseits von Mode und Zeitgeist. „Auf diese Weise ist eine Tradition von Autorinnen und Autoren entstanden, die eher dem persönlichen Urteil der Preisträger als dem des deutschen Feuilletons oder der Favoritenlisten der Verlage folgt“, so der Greifswalder Oberbürgermeister Dr. Arthur König bei seiner Begrüßung am Verleihungsabend im Koeppenhaus in der Bahnhofsstraße 4. Und: „Sibylle Berg hat mit der Wahl Joachim Lottmanns eine gute Hand gehabt.“

1998 begann die Reihe mit dem deutschen Surrealisten Richard Anders, setzte sich 2000 und 2002 über die Berliner Schriftsteller Thomas Lehr und Susanne Riedel bis 2004 zu dem in Wien lebenden Autor Ludwig Fels fort. Der in Südafrika lebende Journalist Bartholomäus Grill gab ihn 2008 an die in Weimar geborene Autorin Sybille Berg („Der Mann schläft“) weiter.

Joachim Lottmann ist seit Mittwochabend der frisch gekürte Siebente im Bunde. Am 104. Geburtstag Koeppens in dessen Geburtshaus. „Er ist dafür mehr als würdig“, hieß es in der von ihrer Agentin Anne Wieser verlesenen Laudatio der verhinderten Sybille Berg.

„Mir und vielen anderen hat er den Glauben an die deutschsprachige Literatur wiedergegeben.“ Lottmann beobachte, unterhalte, werte und leide. Und das alles so formvollendet und schwungvoll. Ausdrücklich bedankte sich Berg bei den Kulturschaffenden und dem Oberbürgermeister für den Koeppenpreis als solchen: „Dieser ist einer der großartigsten Erfindungen. Wer, wenn nicht Schriftsteller, sollen einander Preise geben. Wer, wenn nicht sie, sollen die Arbeit eines anderen würdigen und lieben.“ Weitergehen solle es mit dieser Würdigung wie bisher. Das sei ihr Wunsch. Eine Überlegung sei es wert, das bisherige Preisgeld von 5000 Euro aufzustocken. / Uwe Roßner, Nordkurier