Turnvater – das klingt so herzig wie Märchenonkel oder Weihnachtsmann. Dabei war Friedrich Ludwig Jahn alles andere als ein freundlicher älterer Herr. Man muss ja nicht gleich alle Straßenschilder abschrauben und Sportplätze umbenennen, aber es wäre doch endlich angebracht, dieses dämliche Attribut auf den Index zu setzen. In einem Buch der Historiker Hans-Joachim Bartmuß und Josef Ulfkotte wird abermals deutlich, wie verbohrt, vernagelt und verbittert der nationale Vorturner Jahn war, zumal nachdem dessen polit-pädagogischen Übungen auf dem Berliner Sportfeld Hasenheide durch seine Verhaftung unterbunden wurden. Männer wie Karl Gutzkow und Heinrich Heine und die ganze ‚verhambacherte Jugend‘, wie er das Junge Deutschland nannte, zogen seinen Hass auf sich. Heine, ätzte er aus seinem Verbannungsort Kölleda, habe sich durch seine Verbalattacken gegen Deutschland selbst ‚gehundsföttert, daß kein polnischer Bauernköter von ihm ein Stück Brot annähme‘. / rn, Süddeutsche Zeitung 22.10.
HANS-JOACHIM BARTMUSS, JOSEF ULFKOTTE: Nach dem Turnverbot. ‚Turnvater‘ Jahn zwischen 1819 und 1852. Böhlau Verlag, Köln-Weimar-Wien 2011. 283 Seiten, 39,90 Euro.