John zum Nachdenken
ARTus-Kolumne »So gesehen« Nr.554
Zuletzt habe ich Publikationen von John im Bücherhotel Groß Breesen gefunden. Das war im verregneten Spätsommer 2011. Ein kleines Bändchen zauberhaft gezeichneter etüden von 1997 und einen Sammelband aus dem Jahr 2001.
Ich habe sie nicht gekauft, aber getauscht. So gesehen günstig, denn für Bücher aus dem eigenen Bestand kann man im ersten Bücherhotel Deutschlands Fundbücher im Verhältnis 2:1 tauschen. Für zwanzig mitgebrachte Bücher lassen sich zehn gefundene eintauschen. Das dezimiert eigene Bestände und macht Platz für das Außergewöhnliche. Bücher von John gehören in diese Kategorie und eigentlich kann ich den so gar nicht begreifen, der sich von John-Büchern trennt. Sie sind Lese- und Bilder-Ereignisse, die »mit höchster Anschaulichkeit« (Werner Stockfisch) Welt darstellen.
Seine Antriebe zur Arbeit beschreibt John in dem in der Edition Obotrit Schwerin erschienenen Sammelband so: »Spaß am genauen Konstruieren trotz Naivität. Streben nach dialektischem Betrachten. Im Wissen um die Leichtigkeit des eigenen Stolperns und Strauchelns beherztes Auftreten und unbekümmertes Behaupten gegenüber längst Gesagtem. Zusammengepicktes Wissen oft ungeschluckt aus dem Schnabel wieder in den Wind gestreut. Das Objekt trouvé lediglich weitergeschnipst. Mir erscheint alles Ungesagte und bereits Gesagte, alles Wildgewachsene und Gezüchtete – alles zusammen noch unbeschrieben.«
Die im Sammelband erhaltene Erzählung ZOO und das Bühnenstück DURCH DIE TÜR sind Kabinettstücke der Erhellung, die zum beglückendem Anschauen und tiefgründigerem Nachdenken auch nach über zehn Jahren einladen. Das Bühnenstück nennt sich im Untertitel Ein Welttheater in 60 Minuten. Man sollte mehr Zeit aufbringen für diesen phantasievollen Exkurs in unsere Kulturgeschichte, die unserer Weltgeschichte bis heute prägt. John ist ihr mit Worten und Bildern auf der Spur.
Seinen Empedokles lässt er sagen: »Nimm, aufgeklärtes Publikum… die Forderungen nicht als kalten Griff in deine Grundbücher, sondern verstehe, dass sie dich bei deiner Verantwortung für den Boden packen, der niemandem allein gehört, sondern allen! Und somit niemand allein darüber verfügt. Dass niemand ein Stück Erde ungestraft entlauben, betonieren, verwüsten und vergiften darf und niemand einen Gewinn daraus ziehen kann zum Schaden anderer… Erlaubt euch nicht all eure Apparate zur Verschwendung der Energien. Sonst belegt ihr bald euren eigenen Atem mit Gebühren und mit Steuern und manche von euch können ihn sich nicht mehr leisten.«
Nur Literatur von gestern? Er sei »stets eingenommen vom Denken mancher Leute und vom Unvermögen der anderen«. Das nenne ich heute nachdenkenswert! ARTus
„So gesehen“ ist eine Kolumne von Walter G. Goes in der Ostseezeitung Rügen