Lesen unter Hitler
„Kann man im Hinblick auf die Literatur im Dritten Reich von einer ,erfolgreichen Gleichschaltung‘ sprechen?“, fragt Christian Adam in der Einleitung seines Buches. Nein, muss die korrekte Antwort lauten. Anhaltendes Kompetenzgerangel führte zu den widersprüchlichsten Haltungen. Auch mangelte es den Nationalsozialisten an guten linientreuen Autoren. Um über die künstlerische Armut ihres zwölf Jahre währenden tausendjährigen Reiches hinwegzutäuschen, mussten sie mit „zwiespältigen“ Autoren wie Antoine de Saint-Exupéry, Margaret Mitchell und Hans Fallada Kompromisse schließen. „Die kommerziell erfolgreich gewordenen ,Dissidenten‘ und die mit sensiblen Sensoren ausgestatteten Unterhaltungsprofis bestimmten am Ende jener zwölf Jahre beinahe das Bild.“ Ohne sie, schreibt Adam, wäre kein Staat zu machen gewesen.
Bei genauer Betrachtung aber auch keine Bundesrepublik. Zahlreiche Autoren, die unter dem NS Bestseller verkauften, schrieben auch in den fünfziger Jahren erfolgreich weiter. „Die Feuerzangenbowle“ von Heinrich Spoerl ist nur einer von vielen Unterhaltungsstoffen, die sich nahtlos in die neue Zeit einfügten. „Lesen unter Hitler“ lenkt unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf die Brüche der nationalsozialistischen Kulturpolitik, sondern auch auf die eigentlich interessanteren und insgesamt noch wenig erforschten Kontinuitäten. / Katharina Teutsch, FAZ
(mit Bild: Werbung für Hans Fallada)