Nicht unsächsisch
Nicht unsächsisch stand eine Frau am entschiedensten auf Opitzens Seite, die vielgefeierte Sibylla Schwarz. 1621 war sie in Greifswald als Kind eines alten vornehmen Hauses geboren. Vom zehnten Jahre an dichtete sie, mit siebzehn Jahren starb sie 1638. Ihre höfische Lyrik ist kaum zu ertragen, viel wiederholt werden ihre Verse der Weltverachtung:
Pfui, pfui dich, du schnöde Welt,
Du trübe Jammerschule,
Du Störefried, du Kummerfeld,
Du rechter Satansbuhle!
Fahr‘ hin, fahr‘ hin. Ich lasse dich,
Gott, mein Erlöser, fordert mich.
Aus: Nadler, Josef: Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften. 2. Aufl. II. Bd.: Sachsen und das Neusiedelland. 800-1786. Regensburg: Josef Habbel, 1923, S. 355
Anmerkung
Nadlers Begriff des Sächsischen braucht uns hier nicht zu interessieren. Der Satz über ihre „höfische Lyrik“ stammt noch aus dem Geschmack des 18./19. Jahrhunderts, als die Lyrik des 17. Jahrhunderts als schändliche „Geschmacksverirrung“ abgetan wurde. Als die Literaturgeschichte Nadlers erschien, war der Prozeß der Umbewertung längst im Gange.
Die Details entnimmt Nadler aus der Überlieferung, so die Angabe, mit zehn Jahren habe sie zu schreiben begonnen, so vermutlich auch den Wortlaut des Zitats aus „Ein Lied gegen Ihren Seel. Abschied“, dessen erste Zeile von einem Druckfehler entstellt ist, wie der Herausgeber Samuel Gerlach in einem Nachwort mitteilt. Es muß heißen: „Pfui, pfui dich an, du schnöde Welt“.