Wie ich Bauherr wurde

Einen Knaben gezeugt… Ja, mehrere, und eine Tochter.

Einen Baum gepflanzt… Meine Versuche bisher sind gescheitert. Zwei Ahornbäumchen an einem privaten locus amoenus wurden von weidenden Ziegen abgefressen. Buche, Eiche, Birke und Co., die ich auf dem Schuttberg am Karl-Marx-Platz angepflanzt habe, wurden vom Bagger weggeschleppt. Ich hoffe, die diverse Biomasse wird auf dem Schuttplatz wiederkommen.

Ein Haus gebaut… Ja, ein ganz kleines. Ein Toilettenhäuschen hab ich mal gebaut, und das kam so. Meine erste Arbeitsstelle war Sachbearbeiter im Rathaus der Stadt Ostseebad Rerik, Zuständigkeit: Erholungswesen, Kultur, Jugend und Sport. Da betreute ich Modenschau und Disko und führte Freiluft-Rockkonzerte ein. In der Stadtbibliothek gab es einen ungenutzten Raum, Jugendliche fragten an, ob sie den für einen Jugendklub nutzen könnten. Es fehlte aber eine separate Toilette. Also wurde ein Bauplan erstellt, freilich gabs keinen Baumarkt, wo man das bißchen Zement kaufen konnte. Es dauerte ein paar Wochen, vergebliche Fahrten nach Rostock usw., bis mir ein Kollege Zement besorgen konnte. Dann begann der Bau, von den jungen Leuten eigenhändig ausgeführt. Fortan gabs einen Jugendklub, den die jungen Leute autonom führten. Inzwischen ist das Haus längst reprivatisiert, aber der Toilettenanbau steht noch. Jüngst war ich mal da und hab nachgesehen. Mehrere Bekannte aus der Zeit liegen auf dem Friedhof. Jörg heißt einer, war ein Schüler damals, er liegt wohl nicht dort, aber eine Tafel am Grab seiner Eltern erinnert an ihn.

Michael Gratz