Zum 180. Geburtstag von Bjørnson
Einerseits beneide ich ihn – und Rügen – darum. Mein Freund Walter Goes schreibt seit – im Dezember waren es – 600 Wochen eine Kolumne für die Ostsee-Zeitung Rügen. In Greifswald undenkbar, wo der Leiter der Lokalredaktion dieser Zeitung stolz verkündet, daß er sich nicht für Kultur interessiert. (Seine Leser auch nicht, behauptet er. Er sollte mal darüber nachdenken, warum seine Zeitung für die Mehrzahl der Greifswalder Künstler und Wissenschaftler uninteressant ist.)
Andererseits ist es eine Fronarbeit, um die er nicht zu beneiden ist. Gut bezahlt wohl auch kaum.
Jedenfalls gratuliere ich Walter verspätet aber herzlich zur „600“. M.G.
ARTus-Kolumne »SO GESEHEN« 600 • 8. Dezember 2012
von Walter G. Goes (Bergen/Rügen)
Warum der Leipziger Reclam-Verlag mir Absolventen der Kunsthochschule Berlin-Weißensee im Jahr 1980, kurz nach Erhalt des Diploms, Illustrationen zum Band »Erzählungen« des Norwegers Bjørnson anbot, kann ich nur mutmaßen. War es mein Absender, der mich als Bürger von Bergen auswies und der womöglich die Künstlerische Leiterin des Verlages, Friederike Pondelik, auf den ziemlich verrückten Gedanken gebracht haben könnte eine imaginäre Verbindung zu einem zumindest zeitweise auch Bergener zu knüpfen?
Die viel zu früh verstorbene Grafikerin kann ich nicht mehr fragen. Damals -im November 1980- traute ich mich nicht. Ich war, und das wog mehr, rundum glücklich einen Illustrationsauftrag aus gerade diesem Verlagshaus erhalten zu haben. So gesehen überhaupt meinen ersten, sieht man von eher rudimentären Buchausstattungen für Berliner Verlage ab.
Den Leipziger Verlagsvertrag gibt es noch. Er weist eine Auflage von 30.000 Exemplaren aus! Das Bändchen, das in der gern gelesenen Universal-Bibliothek unter der Nummer 897 mit fünf Reproduktionen nach meinen Federzeichnungen erschien, kostete gerade mal 2,50 Mark. Ein Spottpreis, der bis heute in Antiquariaten auf den Abgabepreis durchschlägt.
Ich ordere immer mal wieder solche Fundexemplare als Geschenk. Auch setzen sie Erinnerungen frei. Erinnerungen an jene Tage, die ich mit Entwürfen zu diesem Band verbrachte.
Eine Recherchereise vorab nach Norwegen wäre 1980 sicherlich sinnvoll gewesen, blieb aber der vormundschaftlichen Fürsorge der DDR-Oberen wegen Utopie. Ich wälzte alternativ historische Bildbände Norwegens. Vielleicht, hätte ich reisen dürfen, wäre dann auch das norwegische Bergen Ziel meiner Erkundungen geworden?
Bjørnson wirkte dort zwischen 1857 und 1859 als Leiter des Theaters. Und: 1857 entstand eben da seine Erstlingserzählung »Synnøve Solbakken«.
Auf sie bezog sich meine in Bergen auf Rügen entstandene erste Skizze für den Reclam-Band. Arg merkwürdige Verknüpfungen! ARTus