Dichter, Denker, Dadaisten
ARTus-Kolumne »SO GESEHEN« 583
Von Walter G. Goes (Bergen/Rügen)
Begraben liegt Hermann Hesse (* 2.Juli 1877) auf dem Friedhof von Sant’Abbondio, wenig unterhalb von Montagnola in der Schweiz, dem Bergnest über dem Luganersee, seiner letzten Wirkungsstätte. Ein schlichtes Grab.
Nur wenige Meter entfernt findet sich die noch bescheidenere Grabstelle von Hugo Ball (1886 – 1927), des Wiegenbauers der Dadaisten und des Cabaret-Voltaire-Katalysators aus Zürich, der einst »diese alberne Welt (nicht mit lauten, aber mit Lautgedichten!) umschmeissen« wollte. Er ruht hier mit seiner Weggefährtin und Frau, der Dichterin, Kabarettistin und Mitbegründerin von Dada-Voltaire, eben der Emmy Hennings (1885 – 1948), die er 1920 geheiratet hat. Es ist das Jahr, in dem sie auf Hermann Hesse trafen.
Ruhen die einstigen Akteure wirklich? Man möchte wenigstens hin und wieder andere Möglichkeiten für diesen abseits liegenden Ort in Erwägung ziehen. Sich einen über die Gräber hinweg belebenden Austausch regenerativer Ideen vorstellen, der zu Geburts- und Todestagen in einem eruptiven Ausbruch der Kunst und Literatur mündet und bis in unsere Breiten kündet: in so noch nie gesehenen Tönen, Farben, virtuosen Wortkaskaden und immer neuen phantastischen Gedankenspielen.
So geschehen, so gesehen, ich schwöre es, am Donnerstagabend. Es war die Stunde vor Mitternacht, genau vor meinem Fenster!
Doch nein, ich träumte nur für einen kurzen Moment. Ich war beim Nachlesen von Hesses Indien-Phantasie Siddhartha ins Abseits geraten und in die Wirklichkeit brutal zurückgeholt worden von einem schnell verpuffenden Feuerwerk nördlich von Bergen.
Ich war gar nicht in den Bergen! Ich war nicht auf der Steintreppe hinter dem Haus, das die Balls in Agnuzzo bewohnten, wo sie mit Hesse – an warmen Sommerabenden – auf den Luganersee blickten, um »Magie in die Wirklichkeit zu projizieren«.
Wie schade! Hermann Hesse und die Balls hatten sich bestens ergänzt und gemeinsam Pläne geschmiedet. Sie stiegen in der Intonation von Emmy »aus den dunklen Schächten« und entfalteten bunt ihr Anderssein…
In ihren Büchern können, sollten wir es nachlesen! ARTus
Eine tolle Zeichnung. Viele Grüße von Lutz Wohlrab
Danke dem aufmerksamen Lutz. Mit Grüszen von ARTus