Peenefluß
Tourismus ja, aber bitte nachhaltig – diesem Motto haben sich alle Bewerber um den European Destinations of Excellence Award 2010 (Eden) verschrieben. Gewonnen hat den von der Europäischen Union initiierten Wettbewerb eine Region in Mecklenburg-Vorpommern: die Landschaft rund um den Fluss Peene.
Das berichtet die Süddeutsche Zeitung mit idyllischen Fotos vom „pommerschen Amazonas“.
Doch irgendwo hören die Parallelen auf. Der Amazonas ist gewiß ein Strom – aber wenn Wolf Biermann singt „Am Peenestrom, am Peenestrom“, meint er nicht das wilde mäandernde Flüßchen, sondern den Meerarm zwischen der Insel Usedom und dem Festland, in den außer der Peene auch die mächtigere Oder und einige andere Flüsse ihr Wasser gießen. Die alte Stadt Lassan liegt daran, dann Wolgast, Peenemünde. Aber gibt es Gedichte über den Fluß Peene?
Uwe Johnson stammt von hier. Er beschrieb seine Vita in ostdeutsch-polnischen Flußnamen: Kammin in Pommern an der Dievenow (Kamień Pomorski an der Dziwna), Anklam an der Peene, Kościan an der Obra, Recknitz an der Recknitz, Güstrow an der Nebel, Rostock an der Warnow, Leipzig an der Pleiße. Danach wird es weitläufiger, es verschlägt ihn an Havel, Spree und Landwehrkanal, an die New Yorker Flüsse East, Harlem und Hudson und endet im Englischen. Die Peene scheint nicht weiter vorzukommen: „Für die ersten zehn Jahre aufgewachsen im Vorpommern eines Reichskanzlers Hitler, bin ich zu wenig ausgewiesen als ein Pommer, wie er in den Büchern steht.“
Eine Lyrikerin aber kenne ich, die keine Heimatdichtung schreibt und sich der poetischen Kartierung der nordostdeutschen Flußlandschaft verschrieben hat. Bei Silke Peters, in dem Gedichtband „Parnassia“, erschienen 2008 als Heft 22 der Greifswalder Literaturzeitschrift „Wiecker Bote“, kommen zahlreiche geographisch-historische Namen aus der weiteren Region vor: Circipanien, ein slawisches Siedlungsgebiet um den Fluß Peene, die slawischen Liutizen, Peenemünde, Kartlow, Golm, Tellin, Menzlin, Vargatz, Penzlin, Loitz, Peene, Anklam, Riedegost (Rethra), Bad Sülze und auch Johnsons Recknitz.
Die Burg Klempenow, auf der am Sonntag das hier angekündigte Poesiefrühstück mit Odile Endres stattfindet, liegt am Flüßchen Tollense (auf dem man auch Kanu fahren kann). Sie fließt von hier aus störrisch nach Westen, wird aber bei Demmin von der Peene eingefangen und muß zurück nach Osten, in den Peenestrom.
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