Runge – ein Abendrot

ARTus-Kolumne »SO GESEHEN« Nr. 494

»Otto«, so nennen ihn die Seinen, wird am 23. Juli 1777 als neuntes von elf Kindern in Wolgast geboren. Der Vater ist ein honoriger Kaufmann und Schiffsreeder. Die Mutter, der man ein »poetisches« Naturell nachrühmt, wird ihren sensiblen Sohn für alles Schöne der Welt aufschließen. »Ihnen danke ich alles«, wird er ihr zu Neujahr 1799 schreiben.

Schon als Kind fällt er durch bemerkenswerte Fertigkeiten auf. L. G. Kosegarten (1758 – 1818), sein Lehrer seit 1785 an der Knabenschule in Wolgast und von 1792 bis 1808 als Pfarrer, Dichter und Gästesammler in Altenkirchen auf Rügen umsichtig wirkend, erkennt wohl als erster die Begabungen Runges. Als der nun wirklich zum Künstler gereifte, an der Kopenhagener Kunstakademie ausgebildete Runge im Juni 1806 auf Rügen weilt, besucht er auch Kosegarten auf Wittow. Dieser stellt ihm das Projekt einer Uferkapelle nahe Arkona vor. Am 16. Januar 1807 schreibt er von Altenkirchen aus an Runge: »Mein geliebtester Freund… der Bau des Bethauses ist begonnen, und der Unternehmer hat sich im Kontrakt verbindlich gemacht, es spätestens zum September so weit zu vollenden, daß es könne eingeweiht und benutzt werden… Das Ganze wird ein zwar bescheidnes und anspruchsloses, jedoch hoffentlich anständiges und heiteres Ansehen gewinnen. Darf ich nun noch auf ein Gemälde von Ihnen, mein Teuerster, zählen, so würde dieses Ihr köstliches Geschenk mir doppelt willkommen sein, wenn es zugleich mit dem Gebäude, das demselben zum Rahmen dienen soll, fertig werden und am feierlichen Tage der Einweihung dem Blicke des Beschauers dargeboten werden könnte.«

Wir wissen durch einen Brief an Perthes vom Januar 1807, dass er unmittelbar nach Erhalt des Kosegarten-Briefes sich mit einem diesbezüglichen Gemälde beschäftigt hat: »… jetzt habe ich eine ziemlich große Composition zu Kosegarten seiner Capelle untermahlt, ein Mondscheinst(üc)k.«

Ein Mondscheinstück? Runge, tief gläubig, widmet sich dem Thema »Petrus auf dem Meer«, malt den im Meer versinkenden Petrus. Er malt ihn in höchster Not. Jesus kommt, beschützt ihn, gibt ihm Trost noch im Angesicht des Todes.

Ist das Petrus-Bild ein Sinn-Bild? Ein Bild, das so gesehen als Brücke für Hoffnung gelten kann?

Das Originalbild fand nie nach Rügen, kriegsbedingt. Zur Einweihung der Kapelle, die erst neun Jahre später am ersten Adventssonntag 1816 stattfindet, kann Kosegarten nicht anreisen. Er hat in Greifswald andere Verpflichtungen…

Und Runge… ist schon Jahre tot. Er starb im Alter von nur 33 Jahren in Hamburg „am Sonntage den 2. Dezember (1810) um halb vier Uhr nachmittags«, nur einen Tag vor der Geburt seines dritten Kindes.

Clemens Brentano: »… trauert nicht um seinen frühen Tod! Er lebte nicht, er war ein Abendrot.« ARTus

Zum Tode des Malers Philipp Otto Runge vor 200 Jahren. Zeichnung: ARTus

3 Comments

    1. Liebe Iris, mit Kohle ginge die Auflösung der Linie nicht.
      Ich benutze einen Aquarellstift, der auf bestimmten Papieren im Ergebnis an Kohle denken lässt, dann aber mit Pinsel und Wasser partiell nicht aufgelöst werden könnte. Die beabsichtigten Flecken können/sollen nicht hundertprozentig gesteuert werden, gerade das aber macht den Reiz der »lavierten« Zeichnung -wie mir scheint- aus.
      Beste Grüsze von ARTus und Dank für das Kompliment!

  1. lieber Walter,
    das ist ja interessant, so so… also ein aquarellstift. das muss ja ein fettes teil gewesen sein. oder irre ich mich auch darin wieder? haetten Sie mal einen link zu einem solchen exemplar, damit ich weiss, was das genau ist? ich kenne nur diese normalen aquarellbunstifte.
    mfg
    Irisnebel

    p.s.: sollten Sie einmal bei mir vorbeischauen wollen, schicken Sie bitte ihren nick, den Sie bei wordpress fuehren, da ich den blogg kuenftig geladenen lesern zur verfuegung stelle.

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